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Reportagen

Reportagen

Viele Firmen und Handwerksbetriebe waren am Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt beteiligt. Um Ihnen einen Einblick über die Arbeiten zu geben, haben wir den Zimmerleuten, Steinmetzen und weiteren Handwerkern einmal über die Schulter geblickt.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen.

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  • Der Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt ist in vollem Gange. Doch nicht nur auf der Baustelle zwischen Dom und Römer wird fleißig gearbeitet – auch in mehreren Handwerksbetrieben laufen die Vorbereitungen zum Bau der 35 Altstadthäuser.

    So zum Beispiel im Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser. Unter den geübten Händen der Steinmetzen entstehen dort Schmucksteine, Figuren, Brunnen und Säulen, die ihren Platz in den Fassaden und Höfen der neuen Frankfurter Altstadt finden sollen. Bei einem Besuch des Bamberger Werks konnten wir den Handwerkern über die Schulter schauen und Tuchfühlung mit den Steinen aufnehmen, die der Altstadt später wieder ihr typisches Gesicht verleihen werden.

    „Zurzeit entstehen bei uns die Steinmetzarbeiten für die Goldene Waage, das Goldene Lämmchen und das Haus Klein Nürnberg“, erklärt Geschäftsführer Martin Graser. Er führt uns über das 30.000 Quadratmeter große Werksgelände, auf dem Steine und Rohblöcke in den verschiedensten Formen und Farben lagern. „Uns gehören 21 Steinbrüche, aus denen wir die Steinsorten für die Rekonstruktionen gewinnen.“ Das geschieht durch Sprengungen und den Einsatz großer Sägen, die bis zu sechs Meter hohe Blöcke aus dem Berg schneiden können. Diese werden auf Lastwagen ins Werk gefahren, wo sie weiter verarbeitet werden, zuerst maschinell, dann von Hand. „Es ist wichtig, dass sich unsere Steinmetze auf die filigraneren Arbeiten konzentrieren können“, erklärt Rudolph Spangel, der als Projektleiter im Bamberger Werk für die Altstadt-Arbeiten zuständig ist. „Wenn wir die Blöcke erst von Hand in Form bringen müssten, würde das viel Zeit und Energie kosten, die wir so für die Detailarbeit einsetzen können.“ Für das DomRömer-Projekt werden sechs verschiedene Natursteine verwendet: Dietenhaner, Kirschfurter und Röttbacher Sandstein sowie Fränkischer Muschelkalk, Belgischer Blaustein und Carrara Marmor.

    Die Abläufe im Werk wirken gut einstudiert: Gabelstapler fahren über das Gelände, große Kräne heben die Rohblöcke aus den Steinbrüchen milimetergenau in Position. Riesige Kreissägen, mit Diamanten besetzt, fressen sich langsam in das Gestein, um ihn in die gewünschte Größe zu schneiden. „Wir dürfen die Drehzahl nicht zu hoch setzen, sonst gäbe es eine ungleiche Schnittkante“, erklärt Spangel weiter. „Die Arbeiter haben langjährige Erfahrung und arbeiten oft rein nach Gehör, wenn sie die Geschwindigkeit der Säge bestimmen.“ Über das Sägeblatt fließt permanent Wasser, damit es nicht zu heiß wird. Das Werk besitzt eine eigene Kläranlage, wo pro Stunde 120.000 Liter Wasser umgewälzt werden. Das vom feinen Steinsand gereinigte Wasser gelangt zurück in den Kreislauf, sodass nur wenig Wasser verloren geht. Insgesamt gehört das Plätschern von Wasser zum Arbeitsalltag der Bamberger Handwerker: „Wir nutzen es auch, um der Luft den Staub zu entziehen, der an vielen Stellen im Werk entsteht“, erläutert Firmenchef Martin Graser. Zusammen mit großen Absauganlagen wird so dafür gesorgt, dass der feine Staub nicht in die Lunge gelangen kann. „Das war früher ein großes Gesundheitsrisiko unserer Zunft, ist aber durch die moderne Technik heute kein Problem mehr“.

    Ebenso modern geht es in der nächsten Halle weiter: Dort bearbeiten Roboter die zurecht gesägten Steinblöcke. „Es gibt in Deutschland fünf Roboter für die aktive Steinbearbeitung. Drei davon stehen bei uns in Bamberg“, sagt Geschäftsführer Graser. Die Roboter übernehmen die Vorarbeiten für die Steinmetze. Aktuell entstehen so auch die Fensterbänke für das Berliner Stadtschloss, an dessen Rekonstruktion die Bamberger Firma ebenfalls mitwirkt.

    Im dritten Produktionsschritt kommt es schließlich auf das Fingerspitzengefühl der menschlichen Steinmetzen an. In oft wochenlanger Kleinarbeit bringen sie den Stein in seine endgültige Form. Steinmetz Alexander Pflaum beispielsweise arbeitet derzeit an einer Konsole für das Goldene Lämmchen. Vor sich den Sandsteinblock, blickt er immer wieder neben sich – auf ein originalgetreues Modell aus Gips. „Das ist die übliche Vorgehensweise“, erklärt Projektleiter Rudolph Spangel. „Wenn wir den Auftrag zur Rekonstruktion eines Elements bekommen, fertigen wir anhand der vorliegenden Quellen, beispielsweise alten Fotografien, ein Modell an. Das stimmen wir mit dem Bauherren oder Architekten ab. Jede Rekonstruktion ist immer auch eine Interpretation und sieht bei jedem Steinmetz ein Stück weit anders aus. Das ist durchaus gewünscht, weil es früher ja genauso war und nur so der alte Stil auch heute noch entstehen kann. Wenn das Modell fertig modelliert ist, spricht man sich über Details ab, etwa wie genau schmückende Blätter geformt sein sollen. Danach beginnt die Arbeit am echten Stein. Für die Rekonstruktionen an den drei Altstadt-Gebäuden werden rund 200 Tonnen Naturstein verwendet, das entspricht zehn LKW-Ladungen.“ Für Martin Graser und Rudolph Spangel ist es ein gutes Zeichen, dass es immer noch Lehrlinge gebe, die das Handwerk erlernen wollen. „Trotz aller Maschinen und Erleichterungen, die die Technik mit sich gebracht hat – bei der Feinarbeit kommt es auch heute noch auf das richtige Gefühl für das Material und die spätere Form an. Da ist es wichtig, dass die jungen Leute das bewusst wollen, und sich auch die Zeit nehmen, diese Erfahrungen zu sammeln.“

    Die Arbeiten für die „Goldene Waage“, das „Goldene Lämmchen“ und das Haus „Klein Nürnberg“ bilden den Auftakt zu den Steinmetzarbeiten. „Wir haben diese drei Projekte bewusst zuerst ausgeschrieben“, erklärt DomRömer-Projektmanager Patrik Brummermann. „Wir benötigen sie gleich zu Beginn der Bauarbeiten an den 35 Altstadthäusern.“ Für die insgesamt 15 Rekonstruktionen würden weitere Figuren und Konsolen benötigt, die ebenfalls bald in Auftrag gegeben würden. Besonders freut sich Patrik Brummermann darüber, dass gerade die Baugenehmigung für das Gesamtprojekt erteilt wurde. „Damit steht fest, dass wir alle Auflagen erfüllt haben, die Hochbauarbeiten können wie geplant im Herbst beginnen.“

    Eine Bildergalerie mit weiteren Fotos unseres Besuchs finden Sie hier.

  • Die Vorbereitungen für die Rekonstruktion der Goldenen Waage laufen bei Kramp & Kramp auf Hochtouren.

    Das Spezialunternehmen aus Lemgo hat den Auftrag, die Zimmerarbeiten am Haus durchzuführen und das Vorgängergebäude mit seinen filigranen Fachwerkkonstruktionen exakt abzubilden. Dies fordert viel Fachwissen in alten Fertigungs- und Handwerkstechniken und Liebe zum Detail. Viele Frankfurter kennen die Goldene Waage von Schwarz-Weiß-Fotografien. Das Bauwerk war das ehemalige Haus eines niederländischen Gewürzhändlers und Zuckerbäckers, der sich in Frankfurt mit seiner Familie niederließ. Abraham von Hameln ließ bis 1619 das Haus im Renaissance-Stil erbauen. Seither war die Goldene Waage mit reich verziertem Fachwerk eines der Vorzeigehäuser in der Frankfurter Altstadt. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Gebäuden dieser Zeit ist der damalige Familiensitz des Gewürzhändlers wegen seiner „Prominenz“ besonders gut dokumentiert. Dies macht auch die detailreiche Rekonstruktion des Fachwerks möglich.

    Mithilfe von Vorlagen wird das Fachwerk nachgebaut Kramp & Kramp ist spezialisiert auf Baudenkmalpflege, Altbausanierung und handwerkliche Denkmalpflege. Um das Fachwerk der Goldenen Waage zu rekonstruieren arbeiten bei dem Projekt Restauratoren, Zimmerer und Techniker zusammen. Sie alle beherrschen das historische Handwerk. Anhand von Zeichnungen, älteren Fotos und einer Leihgabe des Historischen Museums, einem Fachwerkbalken aus Eiche, erstellen sie das Abbild des Fachwerks. Um nach historischem Vorbild das Fachwerk zimmern zu können, beziehen die Fachleute das Holz für das Fachwerk bei einem Händler für historische Baustoffe. Original-Fachwerkbalken der Goldenen Waage existieren nicht mehr – sie fielen den Altstadt-Bombardements im März 1944 zum Opfer. Die Beschaffung der Baustoffe folgt eigenen Gesetzen: Jeder einzelne Balken muss im Vorfeld exakt berechnet und vermessen werden, damit er nach Maß bestellt werden kann. Die einzelnen Fachwerkbalken für die Goldene Waage sind teilweise so groß, dass die maschinelle Fertigung schwierig ist beziehungsweise die Maschinen an ihre Grenzen kommen. Insgesamt werden in dem Gebäude für die Fachwerkkonstruktion, die Holzdeckenbalken und die Dachkonstruktion 144 Kubikmeter Eichen- und Nadelholz verbaut.

    Schnitzmuster und Schnitzereien in Handarbeit

    Wenn die Materialien geliefert sind, bearbeiten vier Mitarbeiter die Balken nach dem historischen Vorbild, schnitzen die Ziermuster und erstellen einen Bausatz für die jeweilige Konstruktion. Bei den Schnitzereien handelt es sich sowohl um plastische, figürliche Darstellungen als auch um flächige Zierornamente. Hiermit werden sie insgesamt ein halbes Jahr täglich beschäftigt sein. Das Aufwendigste sind die Schnitzmuster für das Zierfachwerk, die Streben, Kopfbänder und Bögen. Die angewendeten Techniken sind sozusagen historisches Handwerk. Deutlich unterscheidet sich allerdings die Arbeitsgeschwindigkeit, der Bau der Goldenen Waage dauerte ursprünglich wegen des hohen Anteils an Handarbeit bis zur Fertigstellung vermutlich drei bis vier Jahre. Heute stehen technische Hilfsmittel für den Zuschnitt und den Transport zur Verfügung.

    Fachwerkkonstruktion wird als Bausatz geliefert

    Ist Kramp & Kramp fertig mit den vorbereitenden Arbeiten, wird für die Fachwerkkonstruktion eine Art Bausatz erstellt. Dadurch kann der Aufbau des Gebäudes am Markt 5 zügig durchgeführt werden. Nach der Montage werden die Betrachter ein Fachwerk bestaunen können, das einerseits besonders prachtvoll und andererseits typisch für das einstige Fachwerk der Mainmetropole ist. Denn in der Gestaltung unterscheiden sich Fachwerkhäuser je nach Region und tragen die charakteristische Handschrift der örtlichen Handwerkskunst.

    Diese Reportage und weitere interessante Berichte und Neuigkeiten finden Sie auch in der DomRömer-Zeitung.

    • Das Fachwerk der Goldenen Waage entsteht bei Kramp & Kramp
    • Das Fachwerk der Goldenen Waage entsteht bei Kramp & Kramp
    • Das Fachwerk der Goldenen Waage entsteht bei Kramp & Kramp
    • Das Fachwerk der Goldenen Waage entsteht bei Kramp & Kramp
    • Das Fachwerk der Goldenen Waage entsteht bei Kramp & Kramp
  • Steinmetzarbeiten Goldene Waage

    Teil des Wiederaufbaus der Frankfurter Altstadt ist die detailgetreue Rekonstruktion der „Goldenen Waage“ im Südosten des Areals, welche ursprünglich von dem niederländischen Glaubensflüchtling Abraham von Hameln errichtet wurde. Der gut betuchte Zuckerbäcker und Gewürzhändler ließ das vierstöckige Gebäude bis zum Jahr 1619 für sich und seine Familie errichten. Charakteristische Merkmale wie das prachtvolle Fachwerk in den oberen Geschossen sowie die aufwendigen Steinmetzarbeiten an der Fassade machten die Goldene Waage bereits damals zu einem der bekanntesten Häuser der Altstadt und zu einer Sehenswürdigkeit für viele Besucher der Stadt.

    Besonderheit im Innern: der Treppenturm

    Außer dem detailreichen Fachwerk und den Steinmetzarbeiten an den Fassaden, über die wir in der Vergangenheit berichtet haben (siehe die weiteren Reportagen auf dieser Seite), beherbergt die Goldene Waage eine weitere architektonische Besonderheit: Die beiden Gebäudeteile werden von einem durchgängigen Treppenturm mit insgesamt 70 Stufen aus rotem Mainsandstein verbunden. Wegen der unterschiedlich großen Podeste an den Abzweigungen ins Gebäude handelt es sich bei jeder Stufe um ein handwerkliches Einzelstück, das mit größter Sorgfalt und Präzision bearbeitet wird.

    Sämtliche Steinmetzarbeiten an der Goldenen Waage werden von der Firma Franz Zeller aus Umpfenbach nahe Miltenberg koordiniert. In ihrem Werk entstehen derzeit die 70 Treppenstufen für den Turm. Das Unternehmen feiert in diesem Jahr 125-jähriges Bestehen und hat bereits bei der Rekonstruktion und Sanierung anderer historischer Gebäude mitgewirkt, beispielsweise dem Schloss Thurn & Taxis oder der Festhalle in Frankfurt. „Wir betreiben vier eigene Steinbrüche in Dietenhan, Ebenheid, Eichenbühl und Kirschfurt. Von dort stammt der rote Mainsandstein, den wir für die Treppen der Goldenen Waage verwenden“, erklärt Geschäftsführer Dieter Braun, selbst ausgebildeter Steinmetzmeister und Steintechniker. Gemeinsam mit seiner Frau Martina Zeller-Braun hat er den Betrieb 2009 von seinen Schwiegereltern übernommen und rund eine Million Euro in moderne Maschinen investiert, um auch größere Aufträge annehmen zu können.

    Genaue Planung für gleichmäßigen Tritt

    „Die Rekonstruktion der Goldenen Waage ist für uns ein ganz besonderes Projekt“, so Braun weiter. Die Zusammenarbeit mit der Firma Graser, die an den Fassaden arbeitet, der DomRömer GmbH und nicht zuletzt auch mit dem Architekten der Rekonstruktion, Prof. Jochem Jourdan, sei sehr produktiv. „Wir können hier unser ganzes Know-how in der Steinbearbeitung einbringen.“ Dies ist auch nötig: Die wegen der Podeste unterschiedlich großen Stufen müssen den Besuchern trotzdem ein einheitliches Schrittgefühl geben und auch von unten gleichmäßig aussehen. Um dies zu erreichen, ist eine genaue Planung gefordert. „Von der ganzen Treppenanlage wurde eine CAD-Zeichnung erstellt, daraus haben wir dann Werklisten für die Fertigung vorbereitet sowie Schablonen aus wasserfestem Material.“

    Anhand der Schablonen können die Steinmetze den Sandstein in die richtige Form bringen. Dies geschieht im ersten Schritt mit großen Sägen, den sogenannten Steingattern, die die per LKW aus den Steinbrüchen kommenden Blöcke zurechtschneiden. Mit einer runden Steinsäge erfolgt die weitere Bearbeitung, jeweils mit Wasser gekühlt, damit der Stein beim Sägen nicht beschädigt wird. Um dies sicherzustellen, muss auch die Geschwindigkeit der Säge genau justiert werden. Im Anschluss legen die Steinmetze selbst Hand an: Mit pressluftbetriebenen Werkzeugen geben sie dem Sandstein seine endgültige Form. Große Absauganlagen sorgen dafür, dass der entstehende Steinstaub nicht eingeatmet wird. Zusätzlich tragen die Steinmetze bei der Arbeit einen Mundschutz.

    Mitte April beginnen die „Versetzarbeiten“, also der Transport der Stufen nach Frankfurt auf die Baustelle und der Einbau in die Goldene Waage. Diese Arbeiten übernimmt wiederum die Firma Graser aus Bamberg. „Wir freuen uns schon sehr darauf, 2017 die fertiggestellte Goldene Waage zu sehen und einmal die Wendeltreppe hinaufzulaufen“, erklärt Geschäftsführer Dieter Braun zum Abschluss. Gemeinsam mit seinem Team hat er dafür gesorgt, dass künftige Besucher der Goldenen Waage beim Gang durch die Stockwerke stets „im Tritt bleiben“.

  • Hühnermarkt-makingof

    Den Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt nahm Gerhard O. Stief, Direktor und Besitzer des EXPLORA ScienceCenter Frankfurt, zum Anlass, eine 3D-Illusion des Hühnermarktes anfertigen zu lassen. In komplizierter Detailarbeit entstand auf einer circa 150 cm x 100 cm großen Holzplatte die Illusion des dreidimensional wirkenden Hühnermarktes.

    Der Frankfurter Künstler Horst Baerenz-Cao fertigte das Hühnermarktbild als sogenannten invertierten Raum an, der auch als „Hohle Maske“ bezeichnet wird. Die räumliche Verwerfung täuscht das Gehirn und führt beim Betrachter zum Eindruck einer 3D-Perspektive.

    Interessierte finden im EXPLORA ScienceCenter Frankfurt eine große Sammlung von Holografie- und 3D-StereoKunst.

  • Das DomRömer-Projekt im Herzen der Mainmetropole kommt gut voran. Tag für Tag wachsen die 35 Altstadthäuser in den Himmel, im Frühjahr 2016 werden alle Gebäude im Rohbau fertig sein. Die neue Altstadt zeichnet sich vor allem durch ihre handwerkliche Qualität aus: Zahlreiche Spezialfirmen aus dem gesamten Bundesgebiet sind für das Projekt tätig. So auch die Ost Bau- und Möbelschreinerei GmbH aus Gründau-Lieblos. Karlheinz Ost, Geschäftsführer des Familienbetriebs, fertigt mit seinem Team rund 800 Fenster für 28 der 35 Altstadthäuser.

    Auf dem 20.000 Quadratmeter großen Betriebsgelände werden im Moment 17 sogenannte Kastenfenster für das Haus Markt 20 „Zur Flechte“ hergestellt. In enger Abstimmung mit der DomRömer GmbH wurden die Fenster, die aus zwei Ebenen bestehen, eigens kreiert. „Die außen sichtbare Fensterebene besteht aus wetterbeständigem Eichenholz“, erklärt Karlheinz Ost. Innen verwenden die Fachleute hingegen Kiefernholz und eine moderne Dreifachverglasung zur Wärmedämmung.

    Acht Monate dauert die Produktion aller 800 Fenster insgesamt. Dabei setzt das Unternehmen ausschließlich auf heimische Materialien. „Unser Holz kommt aus dem Isenburger Stadtwald, nicht weit von hier“, so Ost. 90 bis 120 Jahre alt sind die verwendeten Kiefern, sogar doppelt so alt ist das Isenburger Eichenholz. Eine spezielle Sägemaschine zerlegt die Baumstämme in Holzbohlen, die anschließend bis zu zwei Monate in einer Trockenkammer lagern. Dort stapeln sich Bretter für die neue Frankfurter Altstadt bis unters Dach. 850 Kilowatt leistet die betriebseigene Heizung, die auch die Trockenkammer mit Wärme versorgt. „Bei uns entstehen keine Abfälle. Die Holzreste pressen wir zu sogenannten Holzhackschnitzeln, mit denen wir die Heizung betreiben.“ Rund 35.000 Liter Heizöl ersetze eine LKW-Ladung dieser Holzhackschnitzel, führt Ost aus.

    In einer anderen Halle bedient ein Mitarbeiter per Computer eine hochmoderne Zuschneidemaschine. Vollkommen automatisch sägt das Gerät die Sprossen für die Fenster des Hauses Markt 20 millimetergenau zu. Beim Zusammenbau der einzelnen Fensterteile ist dann Handarbeit gefragt: Ein Schreiner fügt die einzelnen Komponenten in der traditionellen und historisch richtigen Schlitz- und Zapfen-Verbindung präzise zusammen.

    Leinölfarbe schützt die äußeren Fensterrahmen vor Wind und Wetter. „Leinöl hat eine 500 Jahre alte Tradition“, erläutert Peter Mayer, Geschäftsführer des Herstellers, der leinölpro GmbH. Der Vorteil gegenüber modernen chemischen Farben bestehe in der Langlebigkeit und der einfachen Pflege, so der Fachmann weiter. Am Ende kommen die Glasscheiben. „Nicht etwa der Rahmen gibt dem Fenster die Festigkeit. Das Fenster stabilisiert den Rahmen“, erklärt Karlheinz Ost abschließend. Stolz blickt er auf das fertige Produkt. Wieder eines von 800 Fenstern geschafft.

  • Wenn im Sommer 2018 die neue Frankfurter Altstadt feierlich eröffnet wird, steht ein Gebäude ganz besonders im Fokus: Die „Goldene Waage“ im Süden des Areals. Mit ihrem außergewöhnlichen Fachwerk und der prächtigen Stuckdecke im Innern, begeisterte das herausragende Renaissance-Bauwerk die Öffentlichkeit schon vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Im Zuge des Wiederaufbaus der Frankfurter Altstadt wird die „Goldene Waage“ wiedererrichtet; Unternehmen aus ganz Deutschland beteiligen sich. Die einzigartigen Stuckdecken kommen aus der kleinen Gemeinde Ottendorf-Okrilla bei Dresden. Dort arbeiten Stuckateure, Restauratoren und Künstler der Firma Fuchs+Girke Bau und Denkmalpflege GmbH seit vielen Monaten an unzähligen Ornamenten und Reliefs. Ein Highlight für das sächsische Unternehmen.

    Außergewöhnliches Kunsthandwerk
    Für Jan Kretzschmar ist es kein gewöhnlicher Arbeitstag, als er Mitte Februar einer Gruppe von Journalisten in den Werkstatträumen von Fuchs+Girke seine Beschäftigung erklärt. Der Maler, Grafiker, Restaurator und Bildhauer arbeitet normalerweise in seinem Atelier in der Nähe Berlins. Dort hat er Ruhe, kann sich Tag und Nacht ganz seinem Schaffen widmen. Gemeinsam mit seinem Kollegen Janusz Kopec fertigt er die detailreichen Bildmotive der Stuckdecken für die „Goldene Waage“. Ein paar wenige vorhandene Fotos und Kupferstiche früherer Künstler, die glücklicherweise erhalten sind, müssen ihm dabei als Orientierung genügen. Gleich mehrere Herausforderungen für den Künstler: Auf den historischen Aufnahmen fehlen Details. Zudem kann Kretschmar die unterschiedlichen Höhenreliefs der originalen Decke nur erahnen. „Die Fotos zeigen diese Unterschiede nicht“, erklärt er.

    Gefragt sind schöpferische Ambitionen und viel Erfahrung. Im ersten Arbeitsgang fertigt Kretzschmar eine genaue Zeichnung nach den historischen Vorlagen an. Schon dabei erarbeitet er sich ein Bild im Kopf, fügt auch seine eigene Interpretation hinzu. „Bei der Umsetzung muss ich dann gar nicht mehr auf die Vorlagen schauen. Das gibt mir eine innere Freiheit.“ Die neuen Stuckdecken spiegeln damit auch die Handschrift der heutigen Künstler wieder. Die Reliefs modelliert Kretzschmar aus Ton. Mit seinem wichtigsten Werkzeug, den Händen, trägt er Tonschicht für Tonschicht auf, um diese dann behutsam mit Spachteln, Modellierhölzern und Lanzetten zu bearbeiten, bis alles passt. Einen guten Monat braucht er für ein Motiv. Aufwendig sei diese Arbeit, allerdings nicht so anstrengend wie früher, als die Künstler über Kopf stundenlang unter der Decke beschäftigt waren.

    Alles hat eine Bedeutung
    Der vermögende Gewürzhändler und Zuckerbäcker Abraham von Hameln ließ die „Goldene Waage“ 1616 bis 1619 für seine Familie und sich bauen. Dabei überließ er auch die ikonografische Gestaltung der Stuckdecken nicht dem Zufall. Seine Inspiration zog er unter anderem aus religiösen Motiven. Eines der ovalen Reliefs zeigt beispielsweise eine Szene der alttestamentarischen Tobias-Geschichte, ein anderes Bild Abraham, der seinen Sohn Isaak opfern will. „In den Reliefs wurden immer mehrere Themen gleichzeitig aufgegriffen, die ganze Geschichte miteinander verzahnt. Das ist wie heute in einem Comic“, erklärt Prof. Jochem Jourdan, Architekt der „Goldenen Waage“. „Jedes Element der Decke hat eine ikonografische Bedeutung.“ Davon zeugen selbst die von Janus Kopec, Diplom-Bildhauer, Maler und Grafiker, liebevoll gefertigten, mit Diamanten und verschlungenem Rautenwerk gesäumten Rahmen der Reliefs.

    Aus den einzelnen Tonelementen und aufwendig gefertigten Reliefbildern erstellen die Mitarbeiter von Fuchs+Girke Gussformen aus Silikonkautschuk. Diese „Negative“ werden mit Gipsmasse aufgefüllt. „Ton eignet sich als Ausgangsmaterial gut zur Bearbeitung, wird mit der Zeit aber trocken und brüchig. Gips dagegen ist lange haltbar und lässt sich auch nach der Montage nachbearbeiten und anpassen. Da es schnell trocknet, taugt das Material aber nicht zur Ersterstellung der Ornamente und Stuckteile“, erklärt Architekt Jochem Jourdan.

    Bunt statt weiß
    Wie ein großes Puzzle lagern die fertigen Teile in einer eigenen Halle. Dort sind sie bereits so angeordnet, wie sie künftig auch die „Goldene Waage“ zieren. Ein beeindruckendes Bild, das dem Betrachter eine Ahnung von der Pracht der fertigen Stuckdecke verleiht. Noch sind alle Teile weiß. „Die meisten Menschen erwarten das auch so“, erklärt die Kunsthistorikerin Dr. Barbara Rinn-Kupka vom Freien Institut für Bauforschung und Dokumentation Marburg. „Aber die Decke wird in der Art des Originals farbig gefasst.“ Das ist gar nicht so einfach, da die vorhandenen Schwarz-Weiß Fotos nur wenig Aufschluss über die frühere Farbgestaltung zulassen. Die Expertin weiß sich zu helfen. Rückschlüsse zieht sie beispielsweise aus einer Stuckdecke in Schloss Gottorf in Schleswig Holstein. Dort arbeitete ein Stuckateur, von dem bekannt ist, dass er zur Zeit der Entstehung der „Goldenen Waage“ auch in Frankfurt tätig war. Schon jetzt steht fest: Ein feiner Grauton bildet den Untergrund, ergänzt von farbigen Akzenten.

    Im Juli 2017, wenn alle Stuckteile fertig sind, beginnt der Anbau in der „Goldenen Waage“. Dann verankern, verfugen und bemalen die Mitarbeiter des sächsischen Unternehmens die einzelnen Bilder, Ornamente und Verzierungen an der Decke. Keine Routinearbeit, denn die Decke ist nicht symmetrisch. Das verlangt von den Mitarbeitern noch einmal höchste Konzentration beim genauen Anpassen der Elemente. Ende 2017 wird auch diese letzte Herausforderung gemeistert sein.

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